Schlafzimmer Rin und Sora

Sie nickte und es brach ihr einfach das Herz, dass er es bestätigte. Es fühlte sich gerade wirklich an, als würde es in tausend Teile zerspringen. Sie hatte eindeutig einen Korb bekommen.



Sora sah ihm in die Augen, als sie wieder zu weinen beginnen musste.



"Dann bitte ich dich darum, dass du mich nicht mehr anfasst... und auch nie wieder grundlos küsst. Gehst du bitte?", forderte sie ihn fragend auf. Es fühlte sich falsch an, das er jetzt da war. Wie sollte sie das überstehen? Sie konnte Rin das nicht sagen. Würde sie den restlichen Urlaub überstehen? Sora sah ihn nicht mehr an, sondern nach unten und versuchte nicht zu viel zu weinen.

Es tut noch viel mehr weh, als vorher. Wieso hat er das gemacht? Was ist er für ein Mensch, dass er einfach Frauen küsst, ohne darüber nachzudenken?

"Aber..darf ich wenigstens noch mit dir reden?", fragte er sie betrübt.



Warum haben wir nur das beschissene Spiel gespielt? Und was soll ich den anderen sagen, wenn ich nach unten gehe? Sie hasst mich...

Traurig und pitschnass stieg er aus der Dusche und legte ihr noch ein Handtuch um ihre Schultern. Ohne noch ein Wort zu sagen, verlies er das Zimmer. Dann ging er in seins.

Auf seine Frage konnte sie ihm momentan einfach keine Antwort geben. Der Gedanke an das, was vorher passiert war, schmerzte sie zu sehr. Aber sie sah ihn kurz an und konnte erkennen, wie leid ihm das tat.

Was kümmert es ihn, ob wir miteinander reden?

Er war noch so fürsorglich und legte ihr ein Handtuch um. Sie wurde einfach kein bisschen schlau aus ihm. Wieso tat er, was er tat, wenn er selbst keine Ahnung hatte wieso er es machte?

Ich habe mich so sehr getäuscht. Dabei fing ich an irgendwo in mir drin zu glauben, dass er mich eventuell auch ein wenig mag. Wie konnte ich nur so dumm sein? Er mag Rin, er mag sie und nicht mich...

Sora stand irgendwann auf und hielt das Handtuch in ihren Händen, der Kuss kam ihr wieder vor Augen und sie warf das Handtuch in eine Ecke. Sie ging zur großen Badewanne und ließ Wasser ein, dazu schüttete sie etwas, das blubberte. Aus ihrem Toilettenbeutel holte sie eine Gesichtsmaske heraus, nachdem sie sich im Spiegel angesehen hatte und legte diese auf ihr Gesicht. Es war schwer nicht mehr zu weinen, aber sie gab sich große Mühe. Danach stieg sie in die Wanne und ihr ging einfach alles tausendmal durch den Kopf.

Ich möchte nach Hause. Es ist so demütigend...

Nun dachte sie an die Ereignisse der letzten Tage, wie er sie versorgt hatte, als sie sich am Fuß verletzt hatte; wie sie im Park gemeinsam mit der Achterbahn gefahren waren und wie er sie zu sich gezogen hatte, als sie im Hotel Psycho waren. Auch der Moment in der Küche, wo sie sich so nahe waren und der Kuss beim Spiel. Und das war er vorhin alles getan hatte, ihr ging einfach alles durch den Kopf.

Rin kam ins Zimmer und konnte sie nicht finden. Wahrscheinlich war sie gerade im Bad. Da sie sich vergewissern wollte, klopfte sie kurz an und ging vorsichtig rein. Entspannt saß Sora in der Wanne.

Was macht sie hier? Sogar eine Gesichtsmaske trägt sie?

"Sora? Warum liegst du ausgerechnet jetzt in der Badewanne? Was ist passiert? Du warst so schnell weg.", fragte Rin die sich jetzt an die Kante von der Badewanne setzte.

Soll ich ihr das mit Dylan erzählen?

Die Gesichtsmaske lenkte Sora ein wenig ab und entspannte ihr Gesicht wahnsinnig gut. Unter ihren Augen war sie etwas geschwollen gewesen. Es klopfte und erschrocken sah sie Richtung Tür.

Ist das wieder Parker? Habe ich die Tür abgesperrt?

Ihre Arme hielt sie sich in Vorsichtshaltung vor ihren Körper als die Tür aufging. Zwar war alles voller Schaum, aber ihr war dabei absolut nicht wohl. Sie sah Rin reinkommen und lockerte ihre Haltung. Irgendwie stach es wieder, als sie ihre Freundin sah.

Sie kann ja auch nichts dafür, dass er sie mag... Bei ihr muss ich mir keine Gedanken machen.

„Mir ging es einfach nicht gut und ich habe ein Bad gebraucht“, log sie. Sie wollte Rin nicht erzählen, was passiert war, zumindest jetzt nicht. Es war zu demütigend für sie und würde nur den restlichen Urlaub vermiesen. Je weniger darüber Bescheid wussten, desto besser.

„Willst du auch?“, fragte sie Rin. Die Wanne war ja groß genug für beide.

"Was hast du? Ist dir vom Alkohol übel?", hakte sie nach.

Sie mochte es gar nicht, wenn es Sora schlecht ging. Da fühlte sie sich auch schlecht. Wenn sie konnte, dann tat sie immer alles, damit es ihr besser ging. Sora war einer ihrer wichtigsten Menschen in ihrem Leben, deshalb wollte sie sich um jeden Preis beschützen. Für sie würde sie alles tun.

"Hör mal Sora, ich muss dir was sagen.", fing sie an zu reden.

Ich muss es ihr sagen..ich bin so verwirrt. Das muss ich ihr einfach anvertrauen. Wo fange ich am Besten an?

"Dylan hat mir heute das Haus gezeigt und wie soll ich das sagen?", fragte sie sich selbst.

Rin zog sich aus und setzte sich auch in die Badewanne und versuchte sich zu entspannen.

"Ich fange einfach von vorne an. Die letzten Tage ist einfach so viel passiert. An meinem Geburtstag habe ich von ihm das schöne Armband geschenkt bekommen, er hatte es mir auf das Bett gelegt und es war so schön eingepackt. Rate mal warum wir gerade an diesem Tag zum Freizeitpark gefahren sind? Er wollte mich überraschen, da er wusste das ich an diesem Geburtstag habe. Das war so lieb von ihm, aber ich habe mir nicht viel dabei gedacht. Ich dachte er mag mich einfach so wie einen Kumpel. Naja, auf jeden Fall hat er mir heute das Haus gezeigt und dann waren wir im Gaming Room und er hat mir ein Spiel gezeigt. Ich schwöre dir, ich war noch nie einem Mann so nah. Wir beide saßen auf so einen Stuhl. Er hinten und ich vor ihm. Ich dachte ich würde umkommen, so nervös war ich. Nachher hatte er sich weggesetzt, da war ich so erleichtert. Ich habe mich nach dem Spiel zu ihm gesetzt. Ich habe ihm zuvor von Daichi erzählt, dass ich für ihn schwärme und ich Angst habe mit ihm allein zu kochen. Er hat es mit seiner Schwester arrangiert, dass ich nicht alleine mit ihm kochen musste und das hat er mir auf der Couch erzählt. Dylan kam mir immer näher und ich musste schlucken, weil mein Hals zu viel Speichel produzierte. Ich dachte er würde mir jetzt irgendwas blödes erzählen oder sagen, aber er hat mich einfach geküsst und ich musste den Kuss erwidern. Dann sah ich verlegen weg, aber er hat mein Gesicht so gedreht, dass ich ihn ansehen musste. Natürlich hat er mich dann nochmal geküsst und dann hat er mir tief in die Augen gesehen und gesagt, dass ich ihm gefalle, aber das komische daran ist, er weiß das ich Daichi mag. Und ich soll ihm irgendwann eine Antwort geben, aber ich weiß nicht was ich machen soll. Wir war so heiß bei dem Kuss.", sprudelte es aus ihrem Mund.

Endlich machte Rin mal eine Pause und seufzte.

"Und bei dem Spiel von vorhin sind wir uns wieder so nah gekommen. Er hat mir das Bonbon regelrecht in den Mund geschoben mit seinen weichen Lippen.", sagte Rin aufgebracht.

Das war echt peinlich.. Yuna dachte sich bestimmt auch ihren Teil.

"Was soll ich jetzt machen? Irgendwie mag ich beide so. Immer wenn Daichi mit mir redet könnte ich durchdrehen. Bei Dylan ist so eine Anziehung da. Beide sind so unglaublich toll."

"Hilf mir!", flehte sie Sora an.

Es fiel Sora nicht leicht, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Sie nickte nur, als Rin fragte, ob es wegen dem Alkohol war. Es tat ihr leid, dass sie ihre Freundin belog, aber es tat ihr einfach so weh, dass sie nicht darüber reden wollte.

Obwohl ihr Herz gerade einfach nur aufgewühlt war und sie das Verlangen hatte zu weinen, hörte sie Rin zu. Sie wollte ihre Aufregung und Freude mit Sora teilen, deshalb musste sie aufpassen, was ihre Freundin ihr erzählte. Noch einmal atmete sie tief ein, um ihre Gefühle jetzt zu unterdrücken.

"Ja, ihr ward lange weg", bemerkte sie gleich zu Beginn und hörte ihr dann zu. Je mehr Rin ihr erzählte, desto erstaunter war sie darüber. Als sie dann von dem Kuss erzählte lehnte sie sich nach vorne, weil sie überrascht war.

"Was? Moment, mach mal eine Pause! Also er hat dich geküsst so wie Parker mich... und er hat dir gesagt, dass er dich mag? Parker hat auch gesagt, dass er dich mag"

Sora dachte kurz nach. Im Gegensatz zu dem, was mir passiert ist, ist es ihr passiert, weil er sie mag und nicht, weil er nicht weiß wieso, obwohl er jemand anderen mag.

"Das hört sich so an, als würde er es ernst meinen. Du kannst ihn ja einfach mal besser kennen lernen. Ich denke, ich werde Natsume um ein Date bitten. Wieso etwas schmerzhaft nachjagen, was sinnlos ist, wenn das Gute direkt vor dir liegt", meinte sie dazu und lehnte sich wieder zurück.

Rin, es tut mir so leid, dass ich dir nicht erzählen kann, was mit mir los ist. Bitte sei nicht wütend auf mich, aber es tut so sehr weh und ich kann nicht darüber reden. Irgendwie muss ich die nächsten Tage noch überstehen, bevor es dann nach Hause geht.

"Bei wem bist du denn lieber?"

"Er hat mich gleich zweimal geküsst. Naja, er hat gesagt, dass ich ihm gefalle, aber was das genau zu bedeuten hat weiß ich nicht. Wahrscheinlich will er mich näher kennen lernen sonst würde er auf keine Antwort warten. Ich habe so Angst, vielleicht entscheide ich mich falsch. Wer weiß ob Dylan generell so ist bei Mädchen die er mag.", meinte sie unschlüssig.

In der Schule wirkte er immer so kalt und unnahbar, aber wenn man ihn erst einmal kennt, dann ist er ganz anders.

"Ich fühle mich bei beide wohl, aber mit Dylan kann ich gut reden. Er hört mir immer so aufmerksam zu und bei Daichi weiß ich, dass er schon jemanden sehr lange mag. Aber mein Herz hört nicht auf ihn zu mögen. Ich werde noch verrückt.", meinte sie ratlos.

Soll ich es einfach wagen? Jetzt oder nie.. Was meine Eltern zu ihm sagen würden?

"Das freut mich echt für dich. Natsume gibt sich immer solche Mühe und er liebt dich wirklich.", sagte sie zu Sora.

Ob sie mir erzählt was mit Parker war?

"War eigentlich Parker bei dir? Er hat gesagt, er würde nach dir sehen.",

Aber mein Herz hört nicht auf ihn zu mögen... wiederholte sie in Gedanken ihre Worte und konnte genau verstehen, wie es ihr dabei ging.

"Warte einfach noch und schau, wie es sich entwickelt. Dylan wirkt tatsächlich ganz andern, wenn man ihn kennt. Ich glaube auch gehört zu haben, dass er noch nie eine feste Beziehung hatte. Das könnte mehrere Gründe haben, entweder er möchte es nicht, oder er möchte es so sehr, dass er auf die richtige Person wartet. Frag ihn doch einfach mal."

Sora sah Rin an und schmunzelte, es stimmte, dass Natsume sie wirklich mochte. Da sie nun genau wusste woran sie bei Parker war, hatte es keinen Sinn mehr sich an diese Gefühle zu klammern. Als Rin nach Parker fragte, spielte Sora unter Wasser mit ihren Fingern. Was erzählte sie nun?

"Ja, er war hier. Er hat nach mir geschaut, aber er ist seit einiger Zeit wieder weg", antwortete sie ehrlich, ohne Details zu verraten.

"Ich weiß nicht ob ich ihn fragen soll. Kommt das nicht ein wenig blöd? Ob ich mich das überhaupt traue? Ich kann ihn nicht mal mehr ansehen, ohne dass ich dabei rot werde oder Herzrasen bekomme."

Ob es ihm auch so geht?

"Irgendwie hab ich schon Angst, wenn wir zurückfliegen. Dann haben wir sie Stunden bei uns. Aber ich freue mich schon auf unsere Betten und unseren Alltag.", meinte sie.

Rin stieg aus der Badewanne und holte sich einen Badetuch mit dem sie sich abtrocknete. Dann nahm sie sich einen Bademantel.

"Ist doch nett von ihm, dass er nach dir gesehen hat.", sagte sie zu Sora.

"Und wenn ich Natsume mal frage? Er weiß es sicher, wie Dylan so ist. Dann brauchst du das nicht tun."

Sora dachte nun auch an den Rückflug und hatte schon ein ungutes Gefühl deshalb. Also sie wollte neben Rin sitzen, oder neben Natsume. Bloß nicht in der Nähe von Parker, es wäre ihr zu unangenehm. Sie könnte auch einfach die ganze Zeit über schlafen oder so tun, als würde sie schlafen. Das würde sie dann schon sehen.

"Wir sitzen dieses Mal zusammen auf dem Flug, ok?", fragte sie und ignorierte einfach, Rins letzten Satz.

"Ja, das ist eine tolle Idee, aber nur wenn es dir nichts ausmacht."

Dann weiß ich wenigstens Bescheid ob ich mir Hoffnungen machen kann oder nicht.

"Klar, außer er setzt sich wieder Natsume zu dir.", sagte sie und lachte.

Er weiß wie man das macht.

"Wir sollten schlafen gehen.", meinte sie und gähnte.

"Ja du hast Recht", meinte sie, kam auch aus der Wanne heraus, trocknete sich ab und reinigte noch ihr Gesicht, da sie die Maske noch drauf hatte.

Natsume nutzt wirklich jede Gelegenheit um mit mir zusammen zu sein.

Auch sie gähnte nun und dann legte sie sich schlafen.


Die nächsten zwei Tage vergingen für Sora nicht schnell, weil sie versuchte Parker unauffällig zu meiden. Sie kam nicht mit ihm in Berührung, sah ihn nicht an und redete nur das Höflichste mit ihm. Es war schwer für sie, aber man konnte ihr nicht ansehen, wie verletzt sie war. Das konnte Sora sehr gut überspielen und verhielt sich ansonsten so normal wie sonst auch. Jedes Mal, wenn sie ihn irgendwie sah oder reden hörte, war es wie ein Stich in ihr Herz.

Nun war der Tag gekommen, wo sie zurückflogen und sie wurden zum Flughafen gefahren. Sora sah aus dem Fenster und sah sich die ganze Zeit schweigend die Stadt an. Irgendwie würde es ihr schon fehlen, weil London sehr toll war, aber sie freute sich auch schon wieder auf ihre Wohnung und ihr eigenes Bett. Sogar auf die Schule freute sie sich wieder, denn dann war sie wieder in ihrem alltäglichen Chaos drin und konnte allmählich vergessen, was passiert war.